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Sandbirke: Rinde weckt Frühlingsgefühle
Die Sandbirke [Betula pendula] ist eine der schönsten Baumarten in Deutschland und auch deshalb zum Baum des Jahres 2000 gewählt worden. Sie fällt beim Wandern oder Fahren durch die Landschaft besonders häufig und angenehm auf.
Angenehm deshalb, weil diese Baumart durch ihre fast schneeweiße Rinde für Abwechslung und etwas Heiteres in der Landschaft sorgt, sie ist der Inbegriff des Frühlings.
Ihr Umriß gleicht zudem einer grünen Kaskade. Dies alles bringt nur die Sandbirke fertig.
Sie ist eine Baumart, die es im natürlichen Konkurrenzkampf gegen andere Baumarten sehr schwer hat.
In der Forstwirtschaft hatte sie bis vor kurzem noch den Ruf des Unkrautes, und in der Stadt macht sie sich in der heutigen Zeit allein durch ihre Früchte unbeliebt, zu Unrecht.
Sandbirke: Rinde weckt Frühlingsgefühle
Das Besondere an der Birke ist ihre Rinde: Sie erstrahlt in der Jugend und in mittlerem Alter selbst in der dunkleren Jahreszeit in hellstem Weiß.
Und dies ist kein Zufall. Dadurch kann die Birke als Baum der Freiflächen die Oberflächentemperatur auf ihrer Rinde deutlich verringern, da Weiß die auftreffende Strahlung zu einem erheblichen Anteil reflektiert und so eine Überhitzung des sehr empfindlichen Zellteilungsgewebes direkt unter der Rindenoberfläche verhindert wird.
Diese weiße Farbe kommt durch den Farbstoff Betulin zustande, der ständig an die Oberfläche gelangt und die Rinde wasserundurchlässig macht.
Ältere Rindenschichten, die sich außen befinden, lösen sich regelmäßig und für die Birke charakteristisch vom Stamm ab, indem sich größere Flächen der Rinde waagerecht einrollen und dadurch abringeln.
Darunter kommen immer wieder neue schneeweiße Rindenschichten zum Vorschein.
Die Rinde der Sandbirke ist heller und glänzender als die vieler anderer Birkenarten, was ihr auch den zweiten deutschen Namen Weißbirke eingebracht hat.
Walzenbirke und Moorbirke
Zu verwechseln ist die Sandbirke eigentlich nur mit der Moorbirke. Wie die Namen bereits andeuten, kommen sie oft auf recht unterschiedlichen Standorten vor.
Allerdings kann man sich darin nicht sicher sein, da es reichlich Ausnahmen gibt.
Aber ein Blick auf die jungen Zweige schafft in der Regel Klarheit: Die einjährigen Triebe der Sandbirke sind kahl und mit kleinen klebrigen Harzdrüsen versehen weshalb sie oft auch Warzenbirke genannt wird, ihr dritter deutscher Name.
Die Triebe der Moorbirke sind dagegen behaart und tragen keine Harzdrüsen. Die Blätter der Sandbirke sind doppelt gesägt.
Das heißt, die groben Blattrandzähne sind in sich nochmals gesägt und unterseits fast kahl.
Sandbirke: auch Hängebirke genannt
Am Habitus fällt auf, dass die Zweige der Sandbirke steiler stehen und an den Spitzen mähnenartig überhängen, was ihr auch den vierten Namen Hängebirke eingebracht hat.
Bei Varietäten ist dieses Merkmal bis zu Trauerformen gesteigert. Mit diesen Kennzeichen sollte Ihnen die Unterscheidung möglich sein.
Zwar gibt es auch selten Bastarde zwischen beiden Arten, diese sind aber aufgrund der unterschiedlichen Chromosomenzahlen beider Arten steril, können also keine Nachkommen erzeugen.
Sandbirke: Blütezeit und Allergiker
Die Birken gehören gemeinsam mit Haselnuss, Erle und Hainbuche zur Familie der Birkengewächse, denn die Blüten stehen in Kätzchen, männliche und weibliche sorgfältig getrennt.
Die Blüte findet infolge des frühen Austreibens der Birke schon im April statt, also früher als bei vielen anderen Baumarten.
Auf Schauapparate zum Anlocken von Insekten kann die Birke ganz verzichten, da sie vom Wind bestäubt wird und der Pollen, sehr zum Verdruß der Heuschnupfenempfindlichen weithin durch die Luft verfrachtet wird.
Daher wissen Allergiker den Blütezeitraum der Birke jedes Jahr ganz genau und hassen ihn. Das ist der erste Grund, warum Birken in der heutigen Zeit bei Mitmenschen unbeliebt geworden sind.
Sandbirke: Flügelfüsschen – winzige Nüsse
Der zweite Grund hängt mit ihren Früchten zusammen. Es sind winzige Nüsse mit zwei Flügeln, sogenannte Flügelnüsschen. Sie segeln ab August bis zum Herbst zu Millionen aus Birkenkronen herunter.
Im Extremfall wurden auf einem Quadratmeter 50.000 Stück gezählt. Diese große Zahl ist für eine Pionierbaumart wie die Birke überlebensnotwendig.
Sie bringt es aber mit sich, dass Birken in der Stadt zur häufigsten Streitbaumart zwischen Nachbarn geworden sind, da es immer mehr Zeitgenossen gibt, die sich nicht nur über Blätter von Bäumen aufregen, sondern inzwischen auch schon über deren Früchtchen.
Letztere sammeln sich gelegentlich in Dachrinnen, und bisweilen muss man sie im Spätsommer von der Terrasse fegen.
Birkenfrüchte können übrigens bei Wind bis zu mehreren Kilometern weit fliegen.
Keimlinge, die noch im Spätsommer mit der Entwicklung beginnen, werden vom Frost zunichte gemacht, die Überzahl keimt jedoch erst im Frühjahr und umgeht damit dieses Problem.
Sandbirken können 30 Meter hoch werden und Durchmesser von 80 Zentimeter erreichen
Die Sandbirke: ein Pionierbaum
Die Sandbirke ist der Inbegriff einer Pionierbaumart mit den charakteristischen Eigenschaften:
- Blüte schon im Alter von wenigen Jahren,
- jährlich reichliche Samenproduktion und
- weit fliegende Samen,
- extreme Anspruchslosigkeit hinsichtlich Nährstoffbedarf und Wasserversorgung,
- schraubige Blattstellung und allseitige Zweigausrichtung,
- herabhängende Blätter und dadurch Lichtdurchlässigkeit der Krone,
- schnelles Wachstum,
- geringes Höchstalter [maximal etwa 100 Jahre].
Aber, auch dies ist charakteristisch für Pioniergehölze: ein sehr hoher Lichtbedarf, der so hoch ist, dass die Birke sogar Schwierigkeiten hat, unter sich selbst aufzuwachsen, obwohl Birken die lichtesten Kronen unter den heimischen Baumarten haben.
Die Sandbirke ist nicht wählerisch
Die geringen Ansprüche an die Wasserversorgung führen auch dazu, daß an sanierungsbedürftigen Gebäuden fast regelmäßig Birken dafür sorgen, dass der graue abblätternde Putz etwas hinter frischem Grün verschwindet: Birken wachsen in Dachrinnen und Mauerritzen, auch auf Felskuppen.
Zu den Ansprüchen an die Wasserversorgung ist allerdings unbedingt hinzuzufügen, dass der Einzelbaum den Verhältnissen von Beginn an angepaßt sein muss.
Plötzliche Verschlechterungen des Wasserhaushaltes hingegen verträgt die Birke extrem schlecht, und sie kann dann absterben zum Beispiel nach Baumaßnahmen in Städten zu beobachten.
Wenn genügend Wasser da ist, gehört die Birke allerdings zu den Säufern, zu den Baumarten mit dem höchsten Wasserverbrauch und einem besonders intensiven Wurzelsystem.
Das macht man sich im Landschaftsbau teilweise zunutze, indem man Birken als Wasserpumpe zur Drainage von feuchten Standorten einsetzt.
Die Birke ist eine der unempfindlichsten Baumarten gegen Frost und Klimaextreme, was auch ihr Vorkommen in ganz Europa, im hohen Norden sowie in den Hochlagen vieler Gebirge erklärt und was im Waldbau ausgenutzt wird.
Temperaturen unter minus 40 Grad verträgt sie problemlos, da sie dann in ihren Zweigen Stärke in Öl umwandelt und so einen Wärmespeicher entwickelt, der beim Gefrieren Wärme freisetzt.
Birkenreinbestände
Die Pioniereigenschaften führen dazu, dass sie auf großen Flächen als erste Baumart Birkenreinbestände bilden kann, und dies besonders auf sandigen Standorten oder nach Waldbränden.
Die Sandbirke ist daher im nordwest- und nordostdeutschen Tiefland eine von Natur aus wichtige Baumart, die eine natürliche Bewaldung einleiten kann.
Dies hat sie auch nach den Eiszeiten, gemeinsam mit den Kiefern, getan und damals die Wiederbewaldung begonnen, nachdem zuvor ihre kleinen Schwestern Strauch- und Zwergbirke Vorarbeiten geleistet hatten.
Auch als Trümmerbesiedler spielt die Birke eine wichtige Rolle, daher ihr fünfter Name Steinbirke.
Aber anschließend wird sie rasch von anderen Baumarten be- und verdrängt, was diesen aufgrund des hohen Lichtbedarfes der Birke leicht gelingt.
Die Birke in der Forstwirtschaft
In der Forstwirtschaft galt die Birke lange Zeit als Unkraut und als Zeichen für faule Förster.
Dazu mag beigetragen haben, dass junge Birken mit ihren besonders elastischen Zweigen und dem dadurch möglichen Peitschen bei Wind und Sturm benachbarte Fichten und Kiefern so beschädigen können, dass deren Wipfeltrieb abstirbt.
In der sich überall verbreitenden naturnahen Waldwirtschaft, wird dies ganz anders gesehen.
Man lässt inzwischen eine gewisse Anzahl Birken in Mischbeständen stehen oder fördert sie gar gezielt wegen ihrer ökologischen Vorteile.
Denn ihre Streu ist sehr gut zersetzlich, die lichten Kronen schaffen einen für viele andere Baum-, Strauch- und Krautarten günstigen Halbschatten, einen vorteilhaften Schutz gegen Spätfröste und einen wertvollen Lebensraum.
Birkenporling
Das Stamminnere von Birken wird in hohem Alter schnell faul, was aber zum Beispiel für den Birkenporling ein wichtiger Lebensraum ist.
Pilzsammler wissen zudem ganz genau, dass Birken oft mit Fliegenpilzen, Birkenröhrlingen und Birkenpilzen vergesellschaftet sind, wichtigen Lebenspartnern, die auf armen Standorten die Nährstoffaufnahme durch die Wurzeln der Birke verbessern.
Viele Schmetterlingsraupen leben auf Sandbirken zum Beispiel vom Trauermantel oder sind auf diese Baumart sogar angewiesen, ebenso Blattwespenlarven und Blattkäferarten.
Man hat über 200 Insektenarten auf der Birke erfaßt. Eine Vorliebe für Birken haben das sehr selten gewordene Birkwild und der Birkenzeisig.
Etwas sehr Schönes und ökologisch besonders wertvoll sind die leider selten gewordenen Eichen oder Birkenwälder.
Sie haben einen ganz eigenen Lichthaushalt und daher eine spezielle Krautflora vieler lichtbedürftiger Arten, eigene Tiergemeinschaften und weisen damit eine hohe Artenvielfalt auf.
Das Verbreitungsgebiet der Sandbirke erstreckt sich über ganz Europa bis auf den höchsten Norden, Teile Spaniens und Italiens sowie Südosteuropas.
Sie ist daher auch besonders gut geeignet, am Beginn des neuen Jahrhunderts die Integration Gesamteuropas zu symbolisieren.
Birkenwein aus Birkensaft
Einträglicher als die Holznutzung war in manchen Regionen bis vor gar nicht so langer Zeit die Erzeugung von Birkensaft.
Wenn man eine Birke im zeitigen Frühjahr 2 bis 4 Zentimeter tief anbohrt oder sie ungewollt verletzt, tritt aus der Öffnung wochenlang eine klare Flüssigkeit aus, der sogenannte Blutungssaft.
Er enthält Mineralien und Zucker als Reservestoffe des Baumes und tritt aufgrund eines um diese Jahreszeit entwickelten Überdruckes im Stamm ohne weitere Hilfsmittel aus dem Stamm aus.
Auf diese Weise kann man in jedem Frühjahr bis zu 50 Liter Flüssigkeit pro Baum ernten. Da der Überdruck im Stamm schlagartig mit dem Austreiben der Blätter aufhört, ist die Produktion am Tag des Austreibens der Bäume beendet.
Der Birkensaft wird dann nach streng geheim gehaltenen Rezepten weiterverarbeitet je nach Bedarf und Stimmung zu Wein oder Haarwasser: Birkenhaarwasser ist günstig bei Haarausfall, Kopfjucken und Schuppen.
Birkenwein hat einen champagnerartigen Geschmack. Auch eine vorzüglich schmeckende Limonade lässt sich aus dem Saft herstellen.
Birkenrinde: ein Papierersatz
Durch Anritzen der Rinde im Sommer lässt sich eine weitere, aber trübe, zuckerhaltige Flüssigkeit gewinnen, die durch ihren süßen Geschmack und ihre wertvollen Inhaltsstoffe in armen Ländern oder in Krisenzeiten eine Bedeutung haben kann.
In der ehemaligen Sowjetunion gab es daher sogar Fernsehspots zu diesem Produkt.
Die weiße Rinde kann man wie unsere Vorfahren als Papierersatz verwenden, indem man die äußersten Rindenpartien vom Baum abzieht. Da der Inhaltsstoff Betulin die Rinde witterungsfest macht, gibt es in Skandinavien Häuser, deren Dächer mit Birkenrinde gedeckt sind.
Die Lappen machen daraus Umhänge und Schuhe, die Indianer nehmen sie für ihre Kanus, und in Notzeiten kann man Mehl daraus herstellen und Pfannkuchen backen.
Für Besen und Ruten gibt es aus der Natur nichts Besseres als Birkenzweige. Mit Birkenruten peitschten die Besucher nordischer und russischer Dampfbäder ihre schwitzenden Leiber.
Verwendung von Holz, Teer und Blättern
Das Holz der Birke ist besonders hell, weich, elastisch und mittelschwer. Durch diese Eigenschaften ist es für bestimmte Verwendungen beliebt:
- als Furnier für Küchen- oder Schlaf-zimmermöbel sowie
- Vertäfelungen, zur Herstellung von Schlittenkufen,
- Felgen, Deichseln, Propellern,
- Holzschuhen, Trögen, Tassen und
- Löffeln unter anderem.
Aus Birkenmaserholz lassen sich traumhafte Gebrauchsgegenstände oder Schmuck herstellen. Es gibt kein besseres Kaminholz als das der Birke, vor allem zum Anmachen des Feuers.
Birkenteer ist ein vorzügliches Konservierungsmittel für Leder und gab früher dem Juchtenleder einen eigenen Geruch. Birkenpech diente zum Kleben von Pfeilspitzen und Abdichten von Booten und war der vorzeitliche Kaugummi unserer Urahnen, wie archäologische Fundstücke von Kinderzähnen verraten haben.
Die Blätter der Birke sind nach dem deutschen Arzneimittelbuch ein anerkanntes Heilmittel. Ihr Wirkstoff dient der Durchspülung der ableitenden Harnwege bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen und zur unterstützenden Behandlung bei Nierengrieß.
Sie können als Teeaufguß genossen werden. Längere Trinkkuren mit Birkenblättertee wirken entschlackend und blutreinigend.
Junge Birkenblätter lassen sich auch gut in einen Wildsalat mischen oder in Quarkspeisen und Frühlingssuppen verwenden.
Birkenknospen dienen als Therapiemittel bei Heuschnupfen.
Die Birke: Inbegriff des Weiblichen
Was anderen Ländern Eiche oder Linde bedeutet, ist den Finnen und den Russen die Birke. Das versteht sofort, wer durch diese Länder reist.
Die Birke ist in Mythologie und Esoterik der Inbegriff des Weiblichen, was sogar zu ihrem fünften deutschen Namen Frauenbirke geführt hat.
Frühling, Frohsinn, Gesang und Birken, kurz: Mai, der Birkenmonat. Was zum sechsten deutschen Namen, Maibirke oder Maye, geführt hat. So ist der Maibaum oft eine Birke.
Die Birke als Symbol
Birkengrün empfängt das Brautpaar an der Kirchenpforte und daheim an der Haustüre. Unbedingt beachten, sonst kann es böse Folgen haben.
Und Heiratsanträge machen Kenner auch heute noch, indem sie der Angebeteten eine Birke vors Haus stellen. Festumzüge werden von Birkengrün gesäumt.
Hexenbesen dienen nicht der Abwehr von Hexen, sondern sind eine seltene, durch Pilze hervorgerufene Erscheinung in der Krone von Birken, bei der einzelne kleinbleibende Zweige sich vielfach verzweigen und dadurch in der Krone wie Hexenbesen aussehen.
Die schönsten Bilder mit Birken hat wohl der Worpsweder Jugendstilkünstler Heinrich Vogeler gemalt, da Birken der Lieblingsbaum dieser Kunstepoche waren.
In der Literatur kommt die Baumart regelmäßig bei Heidedichtern vor, zum Beispiel bei Hermann Löns.
Familiennamen wie Pirchner und Birkheimer gehen auf die Birke zurück, ebenso viele Ortsnamen wie Birkigt, Pirken, Birchau unter anderem. [FBdJ, Photophilde Foto]
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