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Pilz des Jahres 2007: Die Puppenkernkeule

Orange-gelb leuchtet ein keulenförmiger Pilz im Grün der Wiese: Nur wenige Zentimeter ist er groß, fast hätten wir ihn übersehen. Ist es eine Keule der Familie Clavariaceae, also ein Ständerpilz [Basidiomycota]? Nein, das kann nicht sein, denn wir sehen die Öffnungen von dicht unter der Oberfläche liegenden Kammern [Perithecien], die angefüllt sind mit mikroskopisch kleinen Sporenschläuchen [Asci]. Es handelt sich also um einen Schlauchpilz [Ascomycota]...

 
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20/10/2006 [#] Der Gartennewsletter: Die Gartenwoche im Überblick.

Vielleicht ist es ein Holzkeulenpilz? Holzkeulenpilze [Xylariales, Ascomycota] sind jedoch normalerweise schwarz und, wie ihr Name schon sagt, sie leben auf Holz. Vielleicht wächst unser Pilz auf im Boden vergrabenem Holz? Wir schauen nach. Mehr oder weniger gut erkennbar finden wir an der Basis des Stiels im Boden verborgen eine tote, durch Fäden des Pilzes mumifizierte Schmetterlingspuppe! Wir haben es also mit einem parasitischen Pilz zu tun, der als kleine, Pilzfäden bildende Spore in lebende Insekten eindringt, die Tiere abtötet und die Kraftstoffe des Insektenkörpers für die Entwicklung keulenförmiger Fruchtkörper nutzt. Es handelt sich um die Puppenkernkeule [Cordyceps militaris]!

Die Puppenkernkeule ist in der gesamten Nordhemisphäre verbreitet und auch bei uns relativ häufig zu finden, besonders im Herbst: Es ist also keine in ihrem Bestand gefährdete Art. Wie kommt dieser kleine, Tod bringende Pilz trotzdem zu der Ehre, von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie [DGfM] zum Pilz des Jahres 2007 gekürt zu werden?

Die Puppenkernkeule zeigt uns, wie wichtig gerade kleine Pilze in unseren Ökosystemen sein können: Ihre Aufgabe ist eine natürliche Regulierung der Schmetterlingspopulationen. Als Erreger einer Insektenkrankheit mit Todesfolge, der als Spore zufällig seine Opfer finden muss, entwickelt sich die Puppenkernkeule besonders zahlreich, wenn die Insektenpopulation besonders dicht ist, also gerade wenn eine Schmetterlingsplage herrscht.

Durch die Pilzkrankheit wird die Anzahl der Insekten schnell reduziert, es gibt weniger Wirte für den Pilz, der Pilz wird weniger häufig und die Überlebenschancen der Insekten sind wieder günstiger. So ist für ein natürliches Gleichgewicht zwischen Insekten und Pilzen gesorgt. Auch für unsere Kulturpflanzen können wir Pilze zur Bekämpfung von Schadinsekten einsetzen, wofür wir aber nicht die Puppenkernkeule, sondern nahe verwandte Mikropilze, wie etwa Beauveria-Arten, nutzen.

Hinweise auf medizinisch interessante Inhaltsstoffe der Cordyceps-Arten liefern uns angeblich Yaks, zottige Rinder in den Hochebenen Tibets, die zur Brunftzeit die Chinesische Kernkeule [Cordyceps sinensis] ausgraben, fressen und dadurch richtig gut in Fahrt kommen! Für den Menschen interessante Heilkräfte dieser Pilze sind in chinesischen Kräuterbüchern dokumentiert, die bis zu 2.ooo Jahre alt sind.

Cordyceps-Arten werden aber nicht nur als Aphrodisiakum empfohlen, sondern auch für die Stärkung der Lunge, Nieren und Spermienproduktion, gegen Husten, Erkältung und Blutungen: Kurz gesagt, dienen Cordyceps-Arten, allen voran C. sinensis und C. militaris, der Stärkung der Lebensenergie 'Qi'. Auch Sportler nutzen sie, da sie als Doping-Mittel nicht verboten sind. Die beste Wirkung zeigen die mumifizierten Insektenlarven mit ihren keulenförmigen Pilz-Fruchtkörpern als heißer wässriger Extrakt, also als Tee.

Wissenschaftler unserer Zeit haben die Inhaltsstoffe analysiert und zahlreiche Heilwirkungen bestätigt: So wirken unter anderem Polysaccharide entzündungshemmend, gegen Tumore und Metastasen, stärken das Immunsystem und helfen bei der Regulierung von Zucker- und Fettwerten des Blutes. Cordycepin, ein Desoxyadenosin, trägt bei zur Aktivität gegen Tumore und tötet Bakterien sowie Insekten.

Da die Puppenkernkeule und verwandte Arten als Medikament heiß begehrt und in der Natur nicht so häufig zu finden sind, werden Puppen der Seidenspinnerraupe, Bombyx mori, mit den Pilzen künstlich infiziert: Diese mühsame Kultivierung und die große Nachfrage aufgrund der wertvollen Eigenschaften führten dazu, dass insbesondere die Chinesische Keule zu den teuersten Pilzen weltweit zählt. Seit wenigen Jahren hat man es jedoch geschafft, die Puppenkernkeule im Labor auf Nährmedium heranzuziehen, wodurch die Produktionskosten geringer werden.

Weltweit umfasst die Gattung Cordyceps ungefähr 45o Arten, darunter neben vielen Insektenparasiten auch Pilzparasiten, wie etwa die Zungen-Kernkeule [Cordyceps ophioglossoides], die auf Hirschtrüffeln [Elaphomyces spp.] lebt. Zur näheren Verwandtschaft zählen zudem Pflanzenparasiten, wie der Mutterkornpilz [Claviceps purpurea] und der Gras-Kernpilz [Epichloë typhina]. Aufgrund der vielfältigen Inhaltsstoffe, Substrate und Wechselwirkungen mit Pflanzen, Tieren und anderen Pilzen ist die Erforschung des Verwandtschaftskreises der Puppenkernkeule, die Clavicipitaceae in den Hypocreales, für Pilzforscher und Mediziner eine spannende Aufgabe, die noch viele wertvolle Ergebnisse erwarten lässt!


Siehe auch:
- Pilz des Jahres 2006: Der Ästige Stachelbart
- Pilz des Jahres 2005: Der Wetterstern


Die Pflanzen des Jahres 2007
- Baum des Jahres 2007: Die Waldkiefer


Die Pflanzen des Jahres 2006
- Arzneipflanze des Jahres 2006: Der Echte Thymian
- Baum des Jahres 2006: Die Schwarzpappel
- Blume des Jahres 2006: Das Wiesenschaumkraut
- Blumenzwiebel des Jahres 2006: Die Dahlie
- Flechte des Jahres 2006: Die Caperatflechte
- Gemüse des Jahres 2006: Der Kopfkohl
- Giftpflanze des Jahres 2006: Das Pfaffenhütchen
- Heilpflanze des Jahres 2006: Die Melisse
- Moos des Jahres 2006: Das Quellmoos
- Orchidee des Jahres 2006: Die Breitblättrige Stendelwurz
- Pilz des Jahres 2006: Der Ästige Stachelbart
- Staude des Jahres 2006: Der Phlox
- Streuobstsorte des Jahres 2006: Die Doppelte Philippsbirne

 
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