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Baubotanischer Turm

Bäume leisten einen unschätzbaren bioökologischen Beitrag für unsere Umwelt und Lebensqualität: Gerade in der Stadtbegrünung haben sie als Gestaltungselement eine besondere Bedeutung. Sie dienen der Wohnumfeldverbesserung und tragen mit ihrem Blätterdach maßgeblich zum Wohlbefinden der Stadtmenschen bei, indem sie Luft filtern, Staub binden, für Abkühlung in Hitzeperioden sorgen, Schatten spenden, Sauerstoff erzeugen und Lebensraum für Kleinstlebewesen bieten. Aber können Bäume architektonisch nutzbar gemacht, kann mit ihnen gebaut werden?

 
Mehr zum Thema: Bäume und Sträucher, Landschaftsgestaltung, Natur und Umwelt, Pflanzen

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04/08/2010 [#] Der Gartennewsletter: Die Gartenwoche im Überblick.

Seit mehreren Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler der Forschungsgruppe Baubotanik am 'Institut Grundlagen Moderner Architektur und Entwerfen' [Igma] der Universität Stuttgart mit der Frage, ob Bäume zu tragfähigen Strukturen geformt werden können: Den Wissenschaftlern ist es gelungen, verschiedene Tragestrukturen aus Gehölzen zu konstruieren. Bereits 2005 entstand ein Steg mit pflanzlich-technischer Baustruktur. Zwei Jahre später wurde das erste zweistöckige baubotanische Bauwerk, eine Vogelbeobachtungsstation, errichtet. In der Gemeinde Wald zwischen Stockach und Pfullendorf ist im vergangenen Jahr - unterstützt von der Helix Pflanzensysteme GmbH - ein weiteres lebendiges Bauprojekt realisiert worden: der Baubotanische Turm.

Für ihr Engagement und die herausragende Forschungsarbeit rund um das Projekt Baubotanischer Turm wurden die Wissenschaftler nun als 'Ausgewählter Ort' im Wettbewerb '365 Orte im Land der Ideen' ausgezeichnet: Anlässlich der Preisverleihung, die im Rahmen einer Veranstaltung vor der Kulisse des Baubotanischen Turms stattfand, freuten sich Sponsoren und der Baubotaniker und Architekt der Stuttgarter Projektgruppe Dipl.-Ing. Ferdinand Ludwig gemeinsam mit seinen Kollegen: "Wir sind stolz, mit unserem Projekt ein 'Ausgewählter Ort' im Land der Ideen zu sein und hoffen, dass wir mit unserer Forschungsarbeit neue Möglichkeiten in der Gestaltung von Grünräumen aufzeigen können."

Am Beispiel des Baubotanischen Turms zeigt sich, was schon heute mit der Baubotanik möglich ist: Aus mehreren hundert jungen, nur zwei Meter großen Silberweiden wurde eine einfache fachwerkartige Struktur gebildet, die die Basis des Baubotanischen Turmes darstellt. Nur die untersten Pflanzen sind in den Erdboden gepflanzt, alle anderen wurzeln in Pflanzcontainern, die von einem temporären Stahlgerüst getragen werden. "Mittels der so genannten Pflanzenaddition konnten wir ein lebendes Bauwerk schaffen", erläutert Ludwig. "Dabei haben wir uns die Erfahrungen des 'Pfropfens' zu nutze gemacht und ein Verfahren entwickelt, durch das Hunderte von Pflanzen der gleichen Art zu einem einzigen Organismus verbunden werden können. Wenn die untersten Pflanzen des baubotanischen Turms im Erdboden ein leistungsfähiges Wurzelsystem entwickelt haben, können wir die Pflanzcontainer wieder entfernen."

Sind die Bäume zu einem festen organischen Gebilde zusammen gewachsen, soll auch das Stahlgerüst entfernt werden und der Turm ist auch ohne diese technischen Hilfsstützen belastbar: Wie lange dieser Prozess dauert, hängt allerdings von vielen Faktoren ab. Ludwig rechnet mit einer Zeitspanne von fünf bis zehn Jahren. "Wir werden weiter forschen und neue baubotanische Wege erschließen. Denn wir sind überzeugt, dass lebendige Bauten in der Architektur einen festen Platz einnehmen werden."

Der gut neun Meter hohe baubotanische Turm mit einer Grundfläche von rund acht Quadratmetern verfügt über drei begehbare Ebenen und zeigt bereits heute das architektonische und ökologische Potential der Baubotanik: Hans Müller, Geschäftsführer von Helix Pflanzensysteme GmbH: "Wir sind stolz, dieses Projekt unterstützen zu können. Gerade im Hinblick auf den ökologischen Wert ist die Baubotanik besonders für den innerstädtischen Bereich zukunftsweisend. Bäume verbessern die Luftqualität und haben einen positiven Einfluss auf das innerstädtische Mikroklima, sie sorgen für Schatten, verringern so die Aufheizung der versiegelten Flächen im Sommer und die Pflanzentranspiration befeuchtet und kühlt die Umgebungsluft. Gerade in Städten herrscht aber vor allem Platzmangel, um ausreichend Bäume zu pflanzen. Aus diesem Grund haben wir auch die Forschungsgruppe Baubotanik mit einer weiteren Produktentwicklung - der baubotanischen Baumwand - beauftragt."

Ein 'vegetatives Baukastenprinzip', bei dem die Pflanzbehälter wie Mauersteine fungieren, die mit Jungpflanzen bestückt sind: Mit der Zeit bildet sich vor und oberhalb der Wand eine Baumkrone aus, zusätzlich können weitere Pflanzen eingesetzt werden, so dass auf kleinstem Raum eine große vertikale Grünflache entsteht. Die untere Konstruktion einer solchen Wand dient dem Schallschutz, die Grünflächen wirken sich positiv auf das Stadtklima aus, da sich große Blattflächen ausbilden, die bei einer konventionellen Bepflanzung oder Begrünung so nicht entstehen können. [GPP]


Siehe auch:
- Bäume
- Tag des Baumes 2010
- Der Hausbaum: Ein Freund fürs Leben
- Baum und Haus
- Lebenslänglich für Mensch und Baum
- Ohne Bäume geht im Garten nichts
- Grüne Stadtbewohner: Hart im Nehmen
- Ausgezeichnet: Bäume für die Gewinner
- Die grüne Stadt: ein Ort im Land der Ideen

 
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